30 Jahre SPD in Caputh. Eine Erinnerung
Gründung der SPD in Caputh vor 30 Jahren
In der heute nicht mehr existierenden Gaststätte zum „Trecker“ in Caputh fing alles an.
Noch zu DDR-Zeiten, am 20. Januar 1990, wagten 10 Caputher Bürgerinnen und Bürger eine Sozialdemokratische Partei zu gründen. Die zentralen Werte, an denen sie sich dabei orientierten, waren Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Ökologie.
„SPD eine unverbrauchte Kraft!“
Mit diesem Slogan warb die neu gegründete Caputher SPD zum Besuch einer Bürgerversammlung am 12. Februar im Alten Krug.
Das Interesse war so groß, dass die Bürgerinnen und Bürger bis auf die Straße standen und dem Vorsitzenden des Ortsverbandes, Dr. Friedrich-Karl Grütte, zuhörten, der schon in der Einladung versprochen hatte:
„Wir werden keine Mühe scheuen, um gemeinsam mit den aufgeschlossenen und viel Geduld bewahrenden Bürgern unseres Ortes in überlegten, aber eiligen Schritten dafür zu sorgen, dass Leben, Arbeit und Entspannung in Caputh wieder Freude macht.
Die Caputher SPD will spätestens am 6. Mai 1990 dem SED/LDPD-Regime in Caputh einen Abgang bereiten.“
In der Gaststätte „Alter Krug“ hing – eingerahmt von blühenden Forsythien, die der Architekt Manfred Meyer in seinem Keller vorgezogen hatte – ein großes Banner „Die SPD eine erblühende Kraft“.
„In der Nacht davor haben wir noch den Eingang der Diskothek geweißelt“, berichtet Kerstin Murin, die zu den SPD-Gründerinnen gehörte.
Die Zehn Caputher Bürgerinnen und Bürger, die am 20. Januar 1990 in der heute nicht mehr existierenden Gaststätte „Traktorenwerk Schönebeck“ (Ecke F. Ebert-Str./ Bergstr.) die SPD gegründet hatten, suchten gezielt den Kontakt mit den Bürgern. Vor der Kommunalwahl am 6. Mai 1990 fand am 27. April noch eine zweite Bürgerversammlung im Kinosaal des Caputher „Lichtspieltheaters“ statt, in der auch die Spitzenkandidaten (Dr. Grütte, Manfred Meyer, Bernd Albrecht) vorgestellt wurden.
Der heute 85jährige „Mecki“ Meyer erinnert sich: „Demokratie lag in der Luft. Befreiung vom allmächtigen SED-Apparat, freie Wahlen. Selbstbestimmung nach jahrelanger Vormundschaft, das war unser Antrieb. Dazu kam die Verehrung für Willy Brandt, dass wir uns für die SPD entschieden haben.“
„Als Brandt vor 5.000 Potsdamer auf dem damaligen Platz der Nationen (Luisenplatz) zu uns sprach, habe ich geheult“, erzählt Rita Fuchs.
Bei den 1. freien Kommunalwahlen am 6. Mai 1990 erzielte die SPD 47,1% der Stimmen und zog mit 9 Mitgliedern in den Gemeinderat, der 20 Sitze hatte. Friedrich-Karl Grütte wurde mit 17 Stimmen zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Die Verhinderung eines Hochhauses neben dem Schloss und der Abriss dreier im Rohbau befindlicher, aus Industrieplatten gefertigten Häuser an der F. Ebert-Str. (ehem. Edeka) waren die ersten Themen der neuen Gemeindevertretung, die auch die Herausgabe des Havelboten als Caputher Gemeindeanzeiger beschloss, der am 1.8.1990 zum ersten Mal erschien.
Im Rahmen einer Feierstunde zum 20jährigen Bestehen der SPD-Schwielowsee im Jahr 2010 referierten Dr. Karl Friedrich Grütte, damals SPD-Vorsitzender und erster demokratisch gewählter Bürgermeister von Caputh, und Steffen Reiche, damals Landesvorsitzender der brandenburgischen SPD, über die komplizierten Anfänge der Neugründung auf lokaler und überregionaler Ebene. Es wurde zu einer Geschichtsstunde der besonderen Art:
„Über 40 Termine in drei Monaten hatten wir im Frühling 1990 wahrzunehmen, aber keiner entzog sich oder sagte ab. Jeder von unserer kleinen Gruppe war bereit mitzuhelfen, um den Neuanfang mit zu gestalten“ berichtete Dr. Grütte, der Wert darauf legte zu betonen, dass die SPD als dominierende Kraft in Caputh stets das Interesse der Bevölkerung in den Vordergrund gestellt habe.
Gründer der SPD in Caputh waren am 20. Januar 1990:
Bernd Albrecht
Kurt Bennua
Helga Bennua
Gerhard Bräutigam
Werner Bushardt
Dr. Friedrich-Karl Grütte
Joachim Hamann
Manfred Meyer
Kerstin Murin
Frau Zienicke
Für die SPD wurden am 6. Mai 1990 in den Caputher Gemeinderat gewählt:
Bernd Albrecht
Dr. Friedrich-Karl Grütte
Gerhard Guckel
Ulrich Heilmann (parteilos)
Hans Maager
Manfred Meyer
Peter Muschalla
Joachim Schabik (parteilos)
Udo Theissen
Im 1. Havelboten vom 1.8.1990 wurden die Gemeindevertreter mit folgenden Worten vorgestellt:
„Mit der Kommunalwahl vom 6. Mai 1990 hat die Ära der Herrschaft zentralstaatlich gelenkter „Räte“ (übers. sowjets) über Gemeinden, Kreis, Bezirke und über Menschen im Land, ihr Ende gefunden. Freie Bürger haben jetzt die politischen Organe gewählt, die den souveränen Willen der Bürgerschaft zum Ausdruck bringen und vollziehen. Demokratie als Herrschaft des Volkes über sich selbst ist Realität geworden, und mit ihr die Freiheit des Einzelnen als ihre Schwester.“
Wir sollten uns an das Glück der wieder erreichten Demokratie immer wieder erinnern!
Für das Zusammentragen früherer Ereignisse, die Erinnerungen und eine Fülle an zeitgeschichtlicher Dokumente, sowie das Verfassen dieses Textes danken wir Ellen und Jochen Teichler von ganzem Herzen.